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Schwarzer Tag für die Demokratie im Kanton Aargau

Geht es nach dem Willen des Aargauer Grossrats, muss künftig 5% erreichen, wer im Parlament mitreden will. Die EVP verurteilt solche undemokratischen Wahlhürden aufs Schärfste. Vielmehr soll das wählergerechte Wahlsystem „Doppelter Pukelsheim“ flächendeckend – und ohne Hürden – eingeführt werden.

Zwei Jahre nach seiner Einführung soll das Aargauer Wahlgesetz bereits wieder geändert werden. Der Grosse Rat hat heute Morgen einer FDP-Motion zugestimmt, wonach eine Partei in mindestens einem Bezirk fünf Prozent der Stimmen erobern muss, damit sie überhaupt ins Parlament einziehen kann.

 

Die Evangelische Volkspartei verurteilt solche und andere undemokratische Wahlhürden aufs Schärfste. Sie sind der Schweiz als Wiege der modernen Demokratie und als Staat mit liberaler und freiheitlicher Rechtsordnung total unwürdig. Es darf in einer Demokratie nur ein Prinzip geben: One man, one vote – Eine Person, eine Stimme. Hat ein Parlament 100 Sitze (der Aargauer Grossrat hat 140), gibt es eine natürliche Wahlhürde von genau einem Prozent. Erreicht eine Partei diesen Wähleranteil, gibt es keinen Grund, sie nicht zur Sitzverteilung zuzulassen.

 

Die EVP hat im Kanton Aargau in mehreren Bezirken 5% erreicht und wäre von der Einführung der Wahlhürde nicht betroffen. Sie findet sie aber grundsätzlich falsch. Nur zu oft dienen sie den grossen Parteien bloss zur Sicherung ihrer Pfründen. Der Vorschlag ist auch deshalb schade, weil der Kanton Aargau vor zwei Jahren mit dem doppelten Pukelsheim ein Wahlsystem eingeführt hat, welches obiger Forderung relativ nahekommt und den Wählerwillen so genau abbildet, wie es nach heutigem Wissensstand möglich ist. Nur die Kantone Schaffhausen und Stadt und Kanton Zürich kennen diese gerechten Wahlverfahren ebenfalls, letztere hingegen ebenfalls mit einer undemokratischen Hürde. Die EVP hat schon verschiedentlich die Einführung des doppelten Pukelsheim auch in anderen Kantonen und bei den Nationalratswahlen gefordert und wird es auch künftig tun.

 

Roland Bialek, Präsident der EVP Kanton Aargau und für das Geschäft zuständiger Grossrat, betont, dass es keine Wahlhürden brauche. Natürlich weise der Grosse Rat seit der ersten Wahl nach neuem Gesetz im März 2009 mehr Gruppierungen auf. Es könne aber keinesfalls behauptet werden, dass dadurch irgendwelche Prozesse oder die Effizienz des Rates behindert werde. Wäre dies der Fall, müsste man zuerst versuchen, eine Verbesserung der Geschäftsordnung des Rates zu erzielen, bevor man die politische Mitsprache einschränke. Der Entscheid des Grossen Rat sei ein Rückschritt und demokratiepolitisch falsch: „In grauer Vorzeit musste man einmal adliger Abstammung sein, um mitreden zu können, später musste man Grundbesitzer sein, bis ins letzte Jahrhundert hatte man nur als Mann politische Rechte. Die Tendenz war also immer, dass man mehr Personen das politische Mitspracherecht einräumt. Kommt die Wahlhürde, muss man hingegen neu Mitglied einer Partei sein, die eine gewisse Grösse hat. Das steht völlig quer zur Entwicklung der politischen Rechte in den letzten Jahrhunderten.“

 

Bern, den 1. Juni 2010/nh