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EVP lehnt Kontingente ab und setzt sich fürs Leben ein

Die EVP-Delegierten haben heute Samstag in Winterthur beschlossen: Nein zur Masseneinwanderungsinitiative, Ja zur Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache", Ja zur FABI-Vorlage (Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur). Zum Schluss forderten die Delegierten den Bundesrat per Resolution dazu auf, die Anfang Jahr vorgestellte Weissgeldstrategie nicht etwa zu begraben, sondern mutig weiter zu verfolgen und dafür zu sorgen, dass die Sorgfaltspflicht der Banken ihren Namen endlich verdient.

Nein zur Masseneinwanderungsinitiative, Ja zur Abtreibungsfinanzierungsinitiative, Ja zur FABI-Vorlage: Diese Parolen haben die EVP-Delegierten heute Samstag in Winterthur beschlossen. Nach einer besinnlichen Einleitung sowie den Grussworten der EVP Winterthur und der Stadt Winterthur warb SVP-Nationalrat Luzi Stamm (AG) für die Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“. Die Zuwanderung der letzten Jahre sei für die Schweiz auf Dauer nicht verkraftbar. Die Schweiz müsse selbst entscheiden und die Zuwanderung wieder in Eigenregie steuern können. Zum Konflikt mit Europa meinte Stamm, der Bundesrat müsste halt mit der EU verhandeln. EVP-Nationalrätin Maja Ingold (ZH) erteilte der Initiative aus zwei Gründen eine deutliche Abfuhr. Erstens gehe es nicht an, die Zuwanderung nur nach den Kriterien der Arbeitsmarkttauglichkeit zu steuern und beispielsweise Arbeitskräfte zu holen, weil deren Arbeit in der Schweiz niemand erledigen wolle, aber deren Familien nicht, weil diese ja zu Kosten führen könnten. Zweitens beruhe die Initiative auf einem gefährlichen Retrokonzept, welches einer vermeintlichen Stellung und Verhandlungsmacht der Schweiz nachtrauere. Dass die Kündigung der bilateralen Verträge in Kauf genommen, ja womöglich erwünscht würde, sei fahrlässig. Die Schweizer Wirtschaft sei auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen, meinte Ingold und rief in Erinnerung, dass das Gesundheitswesen und die Langzeitpflege gar nicht mehr funktionieren würden ohne ausländisches Personal. Die Initiative atme den Geist der Abschottung und der Fremdenfeindlichkeit und sei eine in jeder Hinsicht ruinöse Lösung. Die EVP-Delegierten waren sich einig, dass man die Zuwanderung zwar immer wieder aufmerksam beurteilen müsse, es aber nicht angebracht sei, die Beziehungen zu Europa derart aggressiv aufs Spiel zu setzen. Entsprechend beschlossen sie mit 82 zu 11 Stimmen eine deutliche Nein-Parole zur SVP-Abschottungsinitiative.

 

Bezüglich Volksinitiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ waren sich die EVP-Delegierten einig, dass es die Zahl der Abtreibungen zu senken gelte. Ob die Initiative dazu auch das geeignete Mittel sei, war hingegen umstritten. Zunächst legte Valérie Kasteler-Budde, Co-Präsidentin der Parti Evangélique Genève (PEV) und Co-Präsidentin des Initiativkomitees dar, weshalb sie die Initiative von Anbeginn unterstützte. Das Volksbegehren erhöhe die Schwelle für Abtreibungen, indem auch die finanziellen Konsequenzen bedacht werden müssten. Das reduziere die Zahl der Abtreibungen. Niemand solle verpflichtet werden, über seine Prämien die Abtreibungen anderer mitfinanzieren zu müssen. Weiter würden die Elternrechte gestärkt und Jugendliche unter 16 Jahren können nicht mehr ohne Wissen ihrer Eltern zu einer Abtreibung gedrängt werden. Schwangerschaft sei keine Krankheit und führe ohne Eingriff zu einem neuen Leben. Dass die Krankenversicherung Abtreibungen finanziere, stehe völlig quer in der Landschaft. Das KVG sei dazu da, menschliches Leben zu heilen, zu retten und zu schützen. Anschliessend erhielt SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr (ZH) das Wort. Abtreibung sei eben gerade keine Privatsache. Die Initiative stelle die Fristenregelung in Frage und verneine das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Frauen. Man müsse unterscheiden zwischen der Abtreibung grundsätzlich und der Frage der Finanzierung. In der sehr sorgfältig geführten Diskussion waren engagierte Voten sowohl für ein Ja wie auch für ein Nein zur Initiative zu vernehmen. Viele argumentierten, es sei ein Zeichen gegen die gesellschaftlich zu bedenkenlos akzeptierte Abtreibung zu setzen. Man müsse jede sich bietende Gelegenheit dankbar ergreifen, um die Schwelle für Abtreibungen wenigstens minimal zu erhöhen und den Schutz des Lebens zu verbessern. Dass die Krankenversicherung die Kosten der Abtreibung übernehme, stamme aus der Zeit vor der Fristenregelung, als ein Schwangerschaftsabbruch nur aufgrund medizinischer Indikationen erlaubt war. Es sei ein Unsinn, dass die Verhütung selber bezahlt werden müsse, eine Abtreibung aber kostenlos sei. Andere bemängelten die Initiative als eine Scheinlösung, welche sich einseitig gegen die sozial schwächer gestellten Frauen richte. Es sei eben gerade nicht richtig, eine solch heikle Sache ausschliesslich zur Privatsache zu erklären nach dem Motto: Hauptsache ist, dass Abtreibungen selber bezahlt werden. Schliesslich beschlossen die Delegierten mit 59 zu 31 Stimmen bei 15 Enthaltungen eine Ja-Parole zur Volksinitiative.

 

Als dritte Vorlage präsentierte Nationalrätin Maja Ingold (EVP, ZH) die FABI-Vorlage (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur). Mit FABI würden Ausbau, Betrieb und Substanzerhalt auf eine solide finanzielle Basis gestellt und das hervorragende öV-Angebot in der Schweiz erhalten. Alle Beteiligten würden in fairer Weise zur Finanzierung beitragen. Dank FABI bleibe die Schweiz mobil und dies auf eine umweltfreundliche Art und Weise. Der öV bündle die Mobilität und beanspruche weniger Raum und Energie als der Individualverkehr. Der direkte Gegenvorschlag zur von der EVP unterstützten Volksinitiative „Für den öffentlichen Verkehr“ war bei den EVP-Delegierten unumstritten. Sie beschlossen einstimmig die Ja-Parole. Ganz zum Schluss stimmte die Delegiertenversammlung dem Budget 2014 zu und wählte in einer Ergänzungswahl Hansjörg Haller für den Rest der Amtsperiode 2012 bis 2016 in den Zentralvorstand der EVP Schweiz. Haller ist Pfarrer der Evangelischen Landeskirche und Präsident der EVP Bischofszell und Umgebung. Zuallerletzt meldete sich alt Nationalrat Ruedi Aeschbacher zu Wort und beantragte eine Resolution folgenden Inhalts:

 

„Oh du Schande! Der Bundesrat kapituliert vor den Banken und ihren bürgerlichen Gehilfen im Parlament: er gibt seine anfangs Jahr verkündete Weissgeldstrategie wieder auf. Stattdessen will er nun auf den automatischen Informationsaustausch setzen, obwohl er genau weiss, dass dieser im besten Fall in einigen Jahren, in naher Zukunft sicher aber noch nicht kommt. Die Delegierten der EVP sind bestürzt und fragen sich – wohl zusammen mit der grossen Mehrheit unserer Bevölkerung, wie lange sich der Bundesrat noch vor den Karren der Banken spannen lassen will und nicht klipp und klar dafür sorgt, dass die Schweiz als Steueroase für ausländische Steuerflüchtlinge endlich ausgedient hat. Die EVP Schweiz fordert deshalb den Bundesrat auf, seinen guten, im Februar vorgezeichneten Weg, mutig weiter zu gehen und sich nicht von den Schalmeien der Bankenlobby und schönen Versprechungen eines „baldigen“ automatischen Informationsaustausches einlullen zu lassen. Unser Land braucht hier politische Führung, damit die Sorgfaltspflicht der Banken diesen Namen endlich verdient.“

 

Die EVP-Delegierten stimmten der Resolution einstimmig zu. Es geht nicht an, die Banken aus der Verantwortung zu entlassen. Sie sollen in ihrem ureigenen Interesse dafür sorgen müssen, dass sie nur versteuerte Gelder entgegennehmen.

 

Winterthur, den 30.11.2013/nh