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Heikle Materie fordert kompromisslose Kontrolle

Morgen Donnerstag befasst sich der Nationalrat mit der Unabhängigkeit von Aufsicht und Statistik bei der Fortpflanzungsmedizin. Eine entsprechende Motion der WBK geht zurück auf den heutigen EVP-Präsidenten Heiner Studer, der festhält: „Es gibt in dieser heiklen Materie keine Kompromisse. Wenn bei forschungsfreundlichen Vorlagen jeweils von restriktiver Gesetzgebung und strikter Kontrolle die Rede ist, muss das im Nachhinein auch so umgesetzt werden.“

Morgen Donnerstag berät der Nationalrat die Motion „Unabhängigkeit der Aufsicht in der Fortpflanzungsmedizin und der Statistik“ (08.3751) seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur. Sie will die ursprünglich vom Gesetzgeber in Aussicht gestellte Unabhängigkeit der Aufsicht über Zentren und Praxen der Fortpflanzungsmedizin sowie der Statistik sicherstellen. Zu diesem Zweck sollen regelmässig Inspektionen durchgeführt und die Aufdeckung von Missbräuchen (beispielsweise illegaler Forschung) ermöglicht werden. Der Bundesrat erachtet diese Forderungen als erfüllt und beantragt die Ablehnung der Motion.

 

Das Anliegen geht zurück auf eine parlamentarische Initiative des damaligen Nationalrates Heiner Studer (07.479), die zusammenfassend festhielt: „Die Unabhängigkeit bei der Fortpflanzungsmedizin ist, was Statistik und Aufsicht betrifft, nicht gewährleistet.“ Bis heute sei keine Statistik erschienen, welche den Anforderungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes standhalte, bemängelt der heutige EVP-Präsident Studer. Der Bundesrat habe das jahrelange, widerrechtliche Versäumen einer selbst erhobenen und korrekten Statistik dadurch zu kaschieren versucht, indem er in der Verordnung vom Sommer 2006 die Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (SGRM), bzw. deren Fivnat-Kommission im Nachhinein als Datenlieferantin bezeichnet habe – fünf Jahre nach Inkraftsetzung des Gesetzes, welches eine jährliche Berichterstattung verlange! Doch die SGRM sei für die statistische Erhebung von Zahlen über die Fortpflanzungsmedizin nicht geeignet, wie Heiner Studer festhält: „Das ist eine reine Interessengruppe der Reproduktionsmediziner. Die besagte Fivnat-Kommission, eine Unterkommission der SGRM, ist abgesehen vom Statistiker aus Persönlichkeiten zusammengesetzt, welche allesamt in Schweizer Zentren der Fortpflanzungsmedizin in leitender Stellung tätig sind.“

 

Der Bundesrat sei auch während der Debatte zum Stammzellenforschungsgesetz nie in der Lage gewesen, eine korrekte Zahl der sogenannt überzähligen Embryonen bekanntzugeben. Doch diese Zahl sei laut Studer entscheidend: „Mich interessiert, wie viele der überzähligen Embryonen bei der Fortpflanzungsmedizin entstehen, aus welchen Gründen sie absterben müssen und wie sie in der Forschung verwendet werden.“ Denn die Forschung habe ein starkes Interesse an solch überzähligen Embryonen: „Es besteht die reale Gefahr, dass die Reproduktionsmediziner mehr Embryonen entwickeln als für die Fortpflanzung notwendig, um sie der Forschung zur Verfügung stellen zu können.“

 

Studer stört sich zudem daran, dass die im Fortpflanzungsmedizingesetz vorgesehenen unangemeldeten Inspektionen nicht durch staatliche Organe vorgenommen werden, sondern die Reproduktionsmediziner diese „Dienstleistung“ den Kantonen ebenfalls anbieten dürfen: „So besteht die Gefahr, dass heikle Erkenntnisse unter den Teppich gewischt werden.“ Schliesslich sei die anonymisierte Übermittlung der Daten an den Bund im Gesetz nicht vorgesehen: Allfällige Ungereimtheiten müssten den einzelnen Zentren für Reproduktionsmedizin zugeordnet werden können. Beispielsweise seien laut der Fivnat-Statistik 2001 bei zwei Behandlungszyklen mehr als drei Embryonen transferiert worden, was laut Fortpflanzungsmedizingesetz bei Vorsätzlichkeit mit Haft oder Busse bestraft würde.

 

„Die ursprünglich vorgesehene und in Aussicht gestellte Unabhängigkeit der Aufsicht muss endlich realisiert werden“, fordert Heiner Studer: „Es gibt in dieser heiklen Materie keine Kompromisse. Wenn im Zusammenhang mit forschungsfreundlichen neuen Vorlagen jeweils von restriktiver Gesetzgebung und strikter Kontrolle die Rede ist, soll dafür auch der Tatbeweis erbracht werden.

 

Zürich, den 10. Juni 2009/nh