News

Stadtzürcher EVP nimmt unfaire Wahlhürde

Für einmal gut gegangen: die EVP hat die unfaire Wahlschranke bei den Zürcher Gemeinderatswahlen von heute Sonntag geschafft. Sie wehrt sich aber entschieden gegen die Einführung weiterer Hürden in anderen Kantonen.

Heute Sonntag wurde in der Stadt Zürich erstmals nach einem neuen Wahlsystem gewählt. Ziel des doppelten Pukelsheim ist laut seinem Erfinder, dass „wirklich jede Stimme zählen soll“ (Tages Anzeiger vom 11. Februar, Seite 11). Ferner messe sich die Qualität demokratischer Verfahren unter anderem daran, „wie genau der Wille aller Wähler in die Zusammensetzung des Parlaments einfliesst und wie wenig Verzerrungen dabei vorkommen.“ Genau dies wird durch die 5-Prozent-Hürde verhindert: Stimmen, die an Parteien gegangen sind, welche die Hürde nicht genommen haben, zählen eben gerade nicht; entsprechend verzerrt wird der Wählerwille repräsentiert.

 

Auch ohne die unselige 5-Prozent-Schranke bliebe mit dem Quorum von 1/125 aller Stimmen für einen Sitz im Zürcher Stadtparlament eine ganz natürliche Hürde bestehen. Erreicht eine Partei diesen Stimmenanteil, dann steht ihr der entsprechende Sitz aber auch zu und verfolgte sie eine noch so marginale Politik. Alles andere spottet einem liberalen Demokratieverständnis; andere Hürden kann und darf es nicht geben.

 

Die Warnung, ohne solche Hürden drohe die Zersplitterung der Parteienlandschaft, ist dummes Geschwätz: Wer im Parlament etwas erreichen will, muss sich ohnehin um mehrheitsfähige Lösungen bemühen, muss das Gespräch mit anderen politischen Gruppierungen suchen, Allianzen schmieden und fallweise Kompromisse eingehen. Der Sache diente es oft mehr, die grossen Parteien würden solche Realpolitik betreiben, statt dass sie ihre Pfründe mittels Machtpolitik sicherten, wie beim Zürcher Wahlgesetz geschehen.

 

Ende gut, alles gut, darf die EVP in Zürich aufatmen: sie hat die unfaire Hürde genommen. Nun gilt es vehement dagegen einzustehen, wenn in anderen Kantonen neue Wahlhürden diskutiert werden: als nächstes kommt der Kanton Aargau dran. Mal schauen, ob das Demokratieverständnis der Parteien dann halten wird, was es verspricht.

 

Zürich, den 12.02.2006/nh