Wolfgang Ackerknecht übernimmt das Ruder

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Wolfgang Ackerknecht übernimmt das Ruder

PARTEIPRÄSIDIUM ⋅ Wechsel an der Spitze der Thurgauer EVP: Ende Jahr tritt die langjährige Präsidentin Regula Streckeisen ab. Der neue Chef Wolfgang Ackerknecht will die werteorientierte Politik der Kleinpartei beibehalten, gleichzeitig aber am Auftritt arbeiten.

Christian Kamm

Wolfgang Ackerknecht, der Job des Parteipräsidenten gilt als undankbar und ist nicht mehr begehrt. Musste man Sie überreden, das EVP-­Präsidium zu übernehmen?
Der Prozess war nicht ganz einfach, wie Sie richtig vermuten. Wir haben personell keine riesige Auswahl. Unsere Partei kocht schon rein von der Grösse her auf kleinem Feuer. Eine Findungskommission hat sich rund ein Jahr mit der Nachfolge für das Präsidium beschäftigt.

Schliesslich liessen Sie sich erweichen.
Ich war selber Mitglied der Findungskommission. Als sich das Feld immer mehr lichtete und wir noch niemanden hatten, habe ich dann gesagt, dass ich mir das Parteipräsidium vorstellen könnte, wenn es auf drei Personen abgestützt wird: auf einen Präsidenten und zwei Vize. Alt Kantonsrat Urs Peter Beerli und Peter Meili boten Hand für diese Lösung. Das gab den Ausschlag. Und jetzt bin ich voll motiviert.

Die EVP ist eine kleine und leise Partei. Wollen Sie sie grösser und lauter machen?
Die EVP ist ein ganz wichtiger Farbtupfer in der politischen und gesellschaftlichen Szene. Diesem Farbtupfer wollen wir Sorge tragen. Und die EVP muss bei dem bleiben, was sie speziell macht als Partei. Das mag weniger laut sein. Aber wir müssen zu unseren Grundsätzen und Werten stehen.

Und die wären?
Konsensorientierung gehört sicher dazu, aber auch Glaubwürdigkeit. Das Leben als solches ist für uns ein zentraler Wert, wir stehen ein für eine lebenswerte Gegenwart und Zukunft. Das ­beginnt beim Anfang des Lebens bis zum Schluss. Ganz weit oben steht auch die Familienpolitik. Das gesellschaftliche Miteinander sollte geprägt sein von gegenseitigem Respekt auf der Basis christlicher und ethischer Werte.

Das sind alles edle Ziele. Aber die Politik ist schriller und schneller geworden. Der zurückhaltende Stil der EVP passt da nicht mehr.
Wir stellen natürlich fest, dass sich polarisierende Kräfte besser in Szene setzen können. Das darf uns aber nicht irritieren. Gleichzeitig muss sich die EVP, was ihren Auftritt betrifft, Fragen stellen. So sind etwa Social Media bei uns auch ein Thema. Als Parteipräsident habe ich sicher die Möglichkeit, in diesen Fragen entschlossener voranzugehen. Gleichzeitig muss ich aber die ­anderen in der EVP mitnehmen.

Im Grossen Rat ist die EVP nach den letzten Wahlen für viele überraschend eine Fraktionsgemeinschaft mit der CVP eingegangen. Hat sich dieser Schritt bewährt?
Die Zwischenbilanz fällt positiv aus. Die Zusammenarbeit mit der CVP läuft gut. Wir können zum Beispiel innerhalb dieser Fraktionsgemeinschaft bei Kommissionsbesetzungen unsere Interessen anmelden. Und bis jetzt sind unsere Wünsche respektiert worden. Die CVP ist in der Fraktionsarbeit generell sehr kulant.

Die EVP mit der katholischen CVP – das könnte auch für Irritationen in ihrer evange­lischen Kernwählerschaft sorgen.
Es gab Leute, die es schade fanden, dass die Fraktionsgemeinschaft mit der EDU beendet wurde. Die beiden christlichen Parteien müssten zusammenhalten, wurde argumentiert. Doch die Verbindung mit der CVP fusst auch auf gewachsenen Strukturen, zum Beispiel mit gemeinsamen Listen in den Bezirken. Persönliche Erfahrungen spielen bei diesem Thema auch eine Rolle. Grosso modo waren die Rückmeldungen positiv. Mit der CVP haben wir jetzt den idealen Partner in der Mitte.

Wenn zwei Partner so unterschiedlich gross sind wie die CVP und die EVP, droht der kleinere erdrückt zu werden. Sehen Sie diese Gefahr auch?
Diese Frage liegt auf der Hand. Deshalb haben wir als EVP-Grossräte bewusst eine Kultur entwickelt, uns aktiver am politischen Geschehen einzubringen. Dies gilt für die Präsenz in der Fraktion wie auch im Rat selber. Unsere Stimme soll gehört werden. Und natürlich gibt es noch andere Schauplätze, wo wir uns einbringen müssen.

Regula Streckeisen war mehr als zwölf Jahre EVP-Präsidentin. Wie lange wollen Sie machen?
So lange sicher nicht. Ich habe mir einen Horizont von vier bis fünf Jahren vorgenommen. Regula Streckeisen hat einen vorbildlichen Einsatz für die Partei geleistet mit ihrer politisch fundierten Arbeit. Wir haben ihr viel zu verdanken.

 

Artikel: Thurgauer Zeitung